Erbe Auto – Diskurs, Relikte, Transformationen
Theorie 2/3, AD
Prof. Dr. Luise Rellensmann
Mittwochs, 10:00 Uhr
Raum N113

Erst kürzlich, fand in München mit der IAA eine der größten internationalen Automobilmessen statt. Gleichzeitig besetzte das Mobilitätswende Camp den Luitpoldpark. Umweltverbände, Bürgerinitiativen und Klimaaktivistinnen und -aktivisten warfen der Messe „Greenwashing“ vor und kritisierten, dass die Automobilindustrie trotz Fokus auf Elektromobilität weiterhin auf große Fahrzeuge, Einzelverkehr und klimaschädliche Produktionsketten setzt.
Die Entstehung autogerechter Städte seit den 1950er Jahren ging mit großflächigen Abrissen historischer Bausubstanz, Zerschneidung von Quartieren, der Verdrängung von anderer Verkehrsformen wie Straßenbahnen und öffentlicher Begegnungsräume, massiver Flächenversiegelung sowie der Errichtung von Parkhäusern, Hochstraßen und Autobahnbrücken einher. Nicht ohne Widerstand: Als Ikonen dieses Konflikts gingen Jane Jacobs, die sich für eine demokratische Teilhabe und soziale Gerechtigkeit in der Stadtentwicklung eingesetzt hat, und ihr Widersacher, der Stadtplaner Robert Moses in die Stadt-, Architektur- und Denkmalpflegegeschichte ein.
Damals wurde das Greenwich Village in Lower Manhattan in die Denkmalliste eingetragen, der Bau des Lower Manhattan Expressway konnte gestoppt werden. In Deutschland stehen inzwischen erste Zeugnisse der fossilen Ära – Tankstellen, Autobahnüberbauungen, Parkhäuser – unter Denkmalschutz.
Wie sehen die materiellen, infrastrukturellen Hinterlassenschaften automobiler Planungen aus? Welche Typologien gibt es?
Im praktischen Teil erforschen wir Zeugnisse der räumlichen Dominanz des Autos im Münchner Stadtraum: Hochstraßen, Parkhäuser, Schleifen und Tangenten werden kartiert. Wir dokumentieren den Erhaltungszustand und Aneignungsformen, erforschen Typologien und führen historische Zeitschichtendokumentationen durch.
Im Theorieteil des Seminars befassen wir uns in Form von Textlektüre, Präsentationen und Diskussionen mit der Diskurs- und Konfliktgeschichte autogerechter Planung. Was sind die sozialen, kulturellen und ökologischen Auswirkungen des automobilen Funtionalismus?
Ziel ist es, materielle und soziale Spuren automobiler Planung in München aufzuzeichnen und sichtbar zu machen und mögliche Transformationen zu erforschen. Die Potentiale der Funde sollen das Handlungswissen für eine gerechtere, nachhaltige Stadtentwicklung erweitern.
Erstes Treffen und Einführung:
Mittwoch, 08.10.25, 11.30 Uhr, Raum N113