Heimatstil reloaded
Theorie 2, AD,
Vertiefung AD
Prof. Daniel Hoheneder
Mittwochs, 14:00 - 16:30 Uhr
Raum 211
Neo-Heimatstil-Bauten der 1970er und 80er Jahre im ländlichen Raum
Immer wieder wurden in der Architekturgeschichte Stilelemente vergangener Epoche wieder aufgegriffen, um bestimmte gesellschaftliche Bedürfnisse in der gebauten Umwelt zu befriedigen. So prägte beispielweise der Historismus mit seinen Rückgriffen auf Gotik, Renaissance und Barock die Architektur des 19. Jahrhunderts.
Im Zuge der Dorferneuerungen und Modernisierungen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde im ländlichen Raum Architektur geschaffen, die versucht in regionaler Bautradition zu wurzeln, vermeintlich, um zu harte Brüche in den Ortsbildern zu mildern und Identifikation zu ermöglichen.
Meist handelt es sich dabei um öffentliche oder halböffentliche Bauten, wie Rathäuser, Banken, Schulen, Apotheken, Geschäftshäuser oder Gebäude des Tourismus. Gebäude also, mit denen wir alle stets in Berührung waren.
Ihre Architektur ist meist konservativ. Sie weist aber doch im Inneren und Äußeren ein wertiges und repräsentatives Erscheinungsbild auf und zitiert klassische Architekturelemente wie Erker, Arkaden, repräsentative Treppenanlagen.
Ihre Materialität wird durch verputztes Mauerwerk dominiert und durch Details in Werk- und Naturstein oder Holzbauteile gegliedert.
Ihre Gestaltung wird insbesondere durch aufwendige, meist farbige Putzgliederungen geprägt, die in neohistoristischer Manier traditionellen Baudekor abstrahiert und lokale Bautraditionen referenziert.
Die Protagonisten dieser Architektur sind uns heute weitgehend nicht geläufig und noch scheint diese Architektur keinen Namen zu haben - postmoderner Heimatstil, Neuer Heimatstil oder Neo-Heimatstil bieten sich hierfür an.
Kurz gesagt für nach 1980 Geborene prägen diese Bauten stark das Bild der Heimat, in der sie aufgewachsen sind.
Aktuell stehen diese Gebäude 40 bis 50 Jahre nach ihrer Entstehung zur Sanierung oder sogar zum Abriss an. Zweifelsohne handelt es sich um besondere und ortsbildprägende Bausubstanz - ihr Erhaltungswert ist jedoch noch nicht thematisiert oder gar verhandelt.
Im Rahmen des Moduls werden typische Vertreter dieser Bauten recherchiert und ihre Architektur analysiert. Das Untersuchungsziel reicht dabei vom städtebaulichen und gestalterischen Kontext, über ihre Baugeschichte und Architekten, bis hin zur Gestaltung im Detail. Es soll ein Katalog entstehen, der ihre Qualitäten zu würdigen versucht, um einen Beitrag zu ihrer zukünftigen Inwertsetzung zu liefern.
Erstes Treffen und Einführung: Mittwoch 11. Oktober 2023, 14:00 Uhr, Raum 211