RAUMBIOTOPE
Theorie 1, AD
Prof. Nanni Grau
Mittwochs, 14:00 - 17:15 Uhr
Raum 214
Rauminteraktionen zwischen Tier und Mensch
Beide großen christlichen Kirchen in Deutschland befinden sich seit Jahren in einem Prozess des Wandels, durch den viele sakrale Gebäude ihre Nutzungen verlieren. Von den baulichen Transformationsprozessen sind menschliche und nichtmenschliche Nachbarschaften gleichermassen betroffen.
Kirchen stellen auch für viele Tierarten wichtige Lebensräume dar. Insbesondere Kirchtürme gelten als besonders beliebte Brutquartiere für Mauersegler und Turmfalken. Aber auch Schwalben, Fledermäuse, Eidechsen und viele Insektenarten zählen zu den Bewohnern von Kirchen.
Die historischen und daher meist biologischen Baumaterialien und nicht zuletzt auch ein gewisses Maß an Ruhe und Stille bieten ideale Lebensbedingungen. Die Frage, wie ein harmonischeres Zusammenleben zwischen Menschen, Tieren (und Pflanzenwelt) aussehen könnte, wird angesichts von Artensterben und Klimawandel immer dringlicher.
Im Rahmen des Seminars wird die Frage gestellt, wie das Mensch-Tier-Verhältnis neu gedacht und Tiere zu gleichberechtigten Partnern im Stadtraum anerkannt werden könnten.
Bauliche Transformationsmaßnahmen werden mit den Bedürfnissen und Lebensräumen von Tieren zusammengedacht und als Chance für die Entwicklung ganzheitlicher architektonischer Konzepte begriffen.
Biologische Vielfalt in Städten ermöglicht positive Interaktionen zwischen Menschen und wild lebenden Tieren, die in der derzeitigen Stadtplanung und Architektur allerdings keine wichtige Rolle spielen. Nur wenige Bauten stellen über ihre Architektur eine gelungene Symbiose her. Als Folge davon nimmt die städtische Biodiversität weltweit ab.
Eine Versuchsanordnung
In einer Versuchsanordnung werden drei typologisch sehr unterschiedliche Kirchen in München vergleichend für biodiverse Umnutzungen transformiert.
Es werden perspektivische Bedarfe/ Nutzungen entwickelt, die dem Anspruch menschlicher und nichtmenschlicher Bedürfnisse gleichermaßen gerecht werden, im besten Fall einander nützen. Lebensraum- und Lebenszyklusbetrachtungen von Mensch und Tier werden dabei eine Schlüsselrolle zugeordnet.
Das Seminar will das architektonische und vor allem entwurfliche Potential wecken und diskutieren, das in integralen architektonischen Konzepten liegt, das räumliche Ansprüche menschlicher- und nichtmenschlicher Bewohnerschaften mit der Architektur und Gebäudeorganisation untrennbar verbindet.
Erstes Treffen und Einführung: Mittwoch 11. Oktober 2023, 14:00 Uhr, Raum 214
Zum Auftakt ist eine Spurensuche vor Ort geplant