Spurensuche: Helmuth Wolff. Architekt. Jude
Theorie 3, AD
Prof. Dr. Karl R. Kegler
Mittwoch 10:00 - 13:00 Uhr
Raum 212
An der Prinzregentenstraße in Bogenhausen sowie an der Pilgersheimer Straße, Vossstraße und Cannabichstraße in Untergiesing sind mehrere urbane Baublöcke Zeugnis vom Wirken des heute vergessenen Architekten Helmuth Wolff. Seine durchdachten und innovativen großen Wohnanlagen, die in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre entstanden, stehen zwischen Moderne, Art Deko und Münchner Tradition. Neben Großaufträgen zählen Villen und Innenraumgestaltungen zu seinem Werk. 1927 ist der erst zweiunddreißigjährige Wolff ein erfolgreicher Architekt, pflegt einen eleganten Lebensstil und hat große Projekte realisieren können; weitere sind in Vorbereitung. Die Weltwirtschaftskrise und die Machtübernahme der Nazis bereiten der vielversprechenden Karriere ein jähes Ende. Wolff und seine Frau emigrieren 1933 in die Niederlande, gründen dort ein Foto-Atelier und werden zu Pionieren der Kleinbildfotografie. Als die deutsche Wehrmacht 1940 Amsterdam besetzt, begeht Helmuth Wolff Selbstmord.
Das Forschungsseminar begibt sich auf die Spuren des heute fast vergessenen jüdischen Architekten. Neben der Beschäftigung mit seinem erhaltenen Werk geht es um die Architektur der Zwischenkriegszeit, den Siedlungsbau in München sowie um die Nutzung und Umnutzung seiner Bauten. Vor Ort und in den Archiven gilt es, in Rechercheteams nach ergänzenden Informationen und Befunden zu suchen. Das Seminar beschäftigt sich mit grundlegenden Recherche- und Dokumentationsstrategien, Literaturauswertung, Bestandsanalyse, Auswertung von Bildquellen usw., die zur Grundlagenermittlung für das Bauen im Bestand gehören und Ansatzpunkte für ein besseres Verständnis der ökonomischen, bautechnischen und künstlerischen Fragen der Architektur der Zwischenkriegszeit darstellen. Nicht zuletzt geht es darum, Licht in ein spannendes und noch weitgehend unbekanntes Kapitel der Münchner Architekturgeschichte zu bringen.
Erstes Treffen, Einführung und Themenvergabe: 22.03.2023, 10:00 Uhr, Raum 212